ZDF-Dokumentation Deutsche Leichtathletinnen berichten von sexuell übergriffigen Trainern
Eileen Demes (M.) bei einem Leichtathletik-Meeting in Berlin
Foto: Tobias Schwarz / AFPAufdringliche Liebesbekundungen, übergriffige Chats oder anzügliche Massagen: Kurz vor der Leichtathletik-WM in Tokio (13. bis 21. September) berichten deutsche Athletinnen in einer ZDF-Dokumentation über grenzüberschreitendes und missbräuchliches Verhalten von Trainern.
Unter anderem berichtet Eileen Demes, 27, die für Deutschland in Tokio über 400 Meter Hürden an den Start gehen wird, über ihre Erfahrungen. Als 17-Jährige habe ihr Trainer, damals Ende 40, sie mit Liebesbriefen unter Druck gesetzt.
An seinem Geburtstag habe er sie zum Essen eingeladen. »Da hat er mir dann gesagt, dass er mich liebt und dass er es schön fände, jeden Tag neben mir aufzuwachen«, erzählt Demes in der Doku »Gold, Silber, Machtmissbrauch – die dunkle Seite der Leichtathletik« .
Andere Sportlerinnen, die teilweise anonym bleiben, berichten von nächtlichen Nachrichten (»Mich interessiert, wie du beim Sex abgehst«) oder sexuellen Übergriffen: »Er wollte, dass ich mich ausziehe. Und daraufhin hat er sich ausgezogen. Und hat mich dann angefasst.« Eine Athletin sagte: »Man hatte das Gefühl, man ist seine Freundin, nicht seine Athletin. Wie so eine Liebesbeziehung, obwohl man das gar nicht wollte.«
Trainer sollen gezielt ihre Machtposition gegenüber ihren teilweise minderjährigen Athletinnen ausgenutzt haben. Die Recherchen führten bereits in zwei Fällen zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat einem Beschuldigten die Trainerlizenz entzogen und bei einem weiteren »umgehend ein A-Lizenzentzugsverfahren eingeleitet«, wie es auf Anfrage des Sportinformationsdiensts hieß.
Der Niedersächsische Leichtathletik-Verband (NLV) stellte Strafanzeige gegen einen Mann. Nach eigenen Angaben hatte der Landesverband das Beschäftigungsverhältnis mit dem Trainer bereits 2022 beendet, ohne seinerzeit Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten zu haben.
Deutscher Leichtathletikverband
»Natürlich gilt bis zum Beweis des Gegenteils für den betroffenen Landestrainer die Unschuldsvermutung. Gleichzeitig stehen aber seit Kurzem Vorwürfe im Raum, die möglicherweise ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten darstellen, ein Verhalten, das von betroffenen Athletinnen zumindest als sexuell übergriffig wahrgenommen worden sein soll«, wurde der NLV-Präsident und frühere niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann in einer Mitteilung seines Verbandes zitiert. Deshalb sei die Staatsanwaltschaft Hannover eingeschaltet worden.
»Der Schutz der Athletinnen und Athleten hat für uns allerhöchste Priorität. Missbrauch im Sport ist ein zutiefst erschütterndes Vergehen, das für uns alle unvereinbar mit den Werten des Sports ist. Kinder und Jugendliche verdienen unseren besonderen Schutz, denn sie sind uns anvertraut und auf unser verantwortungsbewusstes Handeln angewiesen«, teilt der DLV mit.
Immer wieder werden im deutschen Sport Fälle von sexualisierter, physischer und psychischer Gewalt öffentlich, etwa im Schwimmen, dem Handball der Frauen und zuletzt im Turnen .