Fehlende Kontrolle Russland will offiziell aus der Europäischen Antifolterkonvention austreten

Der Kreml will verhindern, dass Kontrolleure Foltervorwürfen in seinen Gefängnissen nachgehen können – mit einer Aufkündigung der Antifolterkonvention. Ein entsprechendes Gesetz hat Putin jetzt vorgelegt.

Gefängniseinrichtung nahe Belgorod

Foto: Sergei Fadeichev / dpa / TASS / picture alliance

Russland will aus der Europäischen Konvention zur Verhütung von Folter austreten. Ein entsprechendes Gesetz hat Kremlchef Wladimir Putin am Montag dem russischen Parlament vorgelegt, wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete.

Die Antifolterkonvention wurde 1987 beschlossen, Russland hatte sie 1998 ratifiziert. Mit seiner Aufkündigung hat das Komitee künftig keine Chance mehr, Haftbedigungen in Russland zu überprüfen und Inhaftierte besuchen zu können. Bisher konnte das Gremium auf russischem Territorium agieren und dort möglichen Foltervorwürfen nachgehen.

Die Antifolterkonvention ist Teil des Europarates, dessen Mitglied Russland bis zum Beginn des Krieges gegen die Ukraine war. Mit Kriegseintritt wurde Russland aus dem Europarat ausgeschlossen. Nach und nach kündigte Moskau zudem mehrere internationale Bündnisse auf, darunter auch die Europäische Menschenrechtskonvention.

Jüngste Foltervorwürfe

Oppositionelle werfen dem Kreml immer wieder vor, Gefangene in den Straflagern zu foltern. Auch in der Ukraine sollen russische Soldaten Foltermethoden anwenden. Ein jüngster Uno-Bericht wirft Russland vor, wiederholt sexualisierte Gewalt als Foltermethode gegen ukrainische Zivilisten einzusetzen. »Es wird immer deutlicher, dass die bewusste und systematische Folterpolitik der Russischen Föderation in der Ukraine auch sexualisierte Folter« umfasse, erklärte die Uno-Sonderberichterstatterin für Folter, Alice Jill Edwards. Basierend auf zehn dokumentierten Fällen von unter russischer Besatzung gefolterten Zivilisten hatten vom Uno-Menschenrechtsrat beauftragte Experten ein Dossier an Moskau übermittelt.

Laut dem Bericht seien den vier Frauen und sechs Männern von russischen Soldaten »wiederholte Elektroschocks, auch an den Genitalien«, zugefügt worden. Sie seien geschlagen, getreten und mit vorgetäuschtem Ertränken und angedrohten Hinrichtungen gefoltert worden. Die geschilderten Vorwürfe zeigten laut Edwards »nur einen kleinen Ausschnitt eines umfassenden, gut dokumentierten Musters«. Es handele sich um »hochgradig sexualisierte Übergriffe«, darunter Vergewaltigungen und Vergewaltigungsandrohungen.

Tausende ukrainische Zivilisten werden in russischen Gefängnissen oder in besetzten ukrainischen Gebieten festgehalten. Laut Nichtregierungsorganisationen und Medienberichten werden viele der Gefangenen gefoltert.

mrc/AFP/Reuters
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