Die Lage am Abend »Bester Kumpel« eines Sexualstraftäters
Die drei Fragezeichen heute:
Missbrauchsaffäre um Jeffrey Epstein – wieso muss Großbritanniens US-Botschafter Peter Mandelson gehen?
Attentat auf Trump-Vertrauten – wie läuft die Fahndung nach dem Attentäter, der Charlie Kirk erschoss?
Drohnenangriffe – warum sperrt Lettland den Luftraum an der Grenze zu Russland und Belarus?
1. Großbritanniens US-Botschafter wird wegen Mails an Jeffrey Epstein abgelöst
Die Vorstellung von dem, was man etwas altmodisch politischen Anstand nennt, ist offenbar in Großbritannien ausgeprägter als in den USA. So jedenfalls interpretiere ich die Tatsache, dass der britische Botschafter in den USA, Peter Mandelson, heute wegen seiner Verbindungen zu dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein entlassen worden ist. Der britische Premierminister Keir Starmer hat angeordnet, dass Mandelson von seinem Botschafterposten in Washington abgezogen wird.
Die Entscheidung fiel offenbar nach der Veröffentlichung von E-Mails, die Mandelson an Epstein geschickt hatte. Anfang der Woche war neben anderen Geburtstagsschreiben aus dem Jahr 2003, die an Epstein gerichtet waren, auch ein von Mandelson verfasstes veröffentlicht worden. In dem Text, der Mandelson zugeschrieben wird, bezeichnet er Epstein als »besten Kumpel« (hier dazu mehr). Ein Schreiben in dem Album zu Epsteins Geburtstag soll auch von US-Präsident Donald Trump stammen.
Der nun abgelöste Mandelson war seit Dezember 2024 UK-Botschafter in Washington. »Starmer ist getrieben«, sagt mein Kollege Christoph Giesen. »Vergangene Woche erst musste seine Stellvertreterin Angela Rayner wegen einer Steueraffäre zurücktreten, nun ist Mandelson raus.« Und das auch noch zu einem maximal ungünstigen Zeitpunkt: »Am Dienstag landet Donald Trump zum Staatsbesuch, Mandelson war als Botschafter in den USA in die Vorbereitungen eingebunden. Über dem Besuch schwebt nun der Geist von Jeffrey Epstein.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Premier Starmer entlässt Botschafter in den USA wegen Mails an Jeffrey Epstein
2. Nach dem Attentat in Utah geht man von einem Einzeltäter »im Collegealter« aus
In den USA fahnden heute die Polizeibehörden unter großem Druck nach dem Attentäter, der am Mittwoch den Aktivisten Charlie Kirk erschossen hat. Die Tat geschah bei einem Auftritt Kirks vor rund 3000 Zuschauern auf einem Unicampus im US-Bundesstaat Utah (hier dazu mehr). Der rechte Aktivist galt als Vertrauter von US-Präsident Donald Trump.
Kirk war Chef der studentischen Trump-Unterstützergruppe Turning Point USA und hatte insbesondere bei jungen Wählern eine große Gefolgschaft. Er leugnete den Klimawandel, hetzte gegen trans Menschen und Migranten, beschwor das konservative Familienbild. In den sozialen Medien kursieren nun etliche Spekulationen und Unwahrheiten über das Attentat und mögliche Verdächtige (hier dazu mehr).
»Zeugen wurden aufgerufen, sich mit Hinweisen oder Bildmaterial an die Behörden zu wenden«, berichten meine Kollegin Elisa Schwarze und mein Kollege Luca Nicolas Wolpers.
FBI-Ermittler sagten bei einer Pressekonferenz, dass man Bildmaterial habe, das einen einzelnen Täter »im Collegealter« zeige; die Tatwaffe sei in der Nähe des Campus in einem Waldstück gefunden worden. Die Tat hat in den USA für große politische Erschütterung gesorgt. Auch prominente demokratische Politiker wie Ex-Präsident Barack Obama und der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom zeigten sich betroffen. »Schon bevor der Schütze gefunden ist, läuft die politische Debatte mit den vorhersehbaren Äußerungen von politischen Rechten wie Steve Bannon, die von einem ›Krieg‹ sprechen«, berichtet mein Kollege Bernhard Zand aus den USA. »Das andere Camp gibt sich, auch wie zu erwarten, eher zurückhaltend, mit Aufrufen, die ›Temperatur zu senken‹. Das erinnert alles sehr an die ersten Stunden nach dem Anschlag auf Trump vor einem Jahr in Butler.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Was über das Attentat auf Charlie Kirk bekannt ist
3. Lettland reagiert auf die russischen Drohnen in Polen
Das EU- und Nato-Land Lettland hat heute den Luftraum an der Grenze zu Russland und Belarus geschlossen, für zunächst eine Woche. Der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds verkündete in Riga, die Schließung des Luftraums erleichtere die Erkennung nicht autorisierter Flugobjekte. Gegenwärtig bestehe keine direkte Bedrohung, aber Präventivmaßnahmen seien nötig.
Polen hatte bereits am Mittwochabend als Reaktion auf den Drohnenvorfall eine Flugverbotszone an seiner Ostgrenze eingerichtet. Die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte beschäftigt sich mit den Angriffen des Drohnenkriegers Putin und der noch relativ neuen Bedrohung durch ferngelenkte Billigwaffen. Ein Team von Kollegen rekonstruiert den in der Nato-Geschichte beispiellosen Alarmfall, der sich in der Nacht zum Mittwoch ereignet hat.
Die russischen Drohnen über Polen alarmierten auch die Bundeswehr . Noch in der Nacht wurde Kanzler Merz informiert, polnische und niederländische Militärjets stiegen auf. Der Verteidigungsminister Boris Pistorius befand vor den Abgeordneten des Bundestags bei einer Regierungsbefragung über die russischen Drohnenflüge, es sei »davon auszugehen, dass es eine absichtlich durchgeführte Aktion war«. Pistorius und seine Militärs sehen sich in ihren Warnungen vor der russischen Bedrohung bestätigt.
»Die Aktion passt zu Putins Strategie der Nadelstiche«, schreiben die Kollegen in der Titelgeschichte. »Mit niedrigschwelligen Provokationen testet er die Verteidigungsfähigkeit des Westens, schaut, wie weit er gehen kann.« Sein militärischer Einsatz sei überschaubar, die Wirkung aber, die Verunsicherung, die er stifte, sei groß. »Der russische Drohnenschwarm ist eine kaum verhohlene Drohung an die Europäer: Putin ist bereit, den Krieg in der Ukraine zu eskalieren, ihn über die ukrainischen Grenzen hinauszutragen.«
Lesen Sie hier die ganze Titelgeschichte: Auf den Radarschirmen der deutschen Soldaten tauchen plötzlich Punkte auf
Was heute sonst noch wichtig ist
Solingen-Attentäter legt Revision ein: Lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung: So lautete das Urteil für den Mann, der beim Solinger Stadtfest drei Menschen tötete. Doch Issa Al Hassan will das nicht akzeptieren.
Gen Z sorgt selbst für das Alter vor und misstraut gesetzlicher Rente: Wird die Rente zum Leben reichen? Junge Menschen sind skeptisch. Vier von fünf der 18- bis 30-Jährigen fürchten Altersarmut, zeigt eine Umfrage. Für die private Altersvorsorge setzen daher viele auf die Börse.
Belarus lässt 52 Gefangene frei, darunter zwei Deutsche: Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat im Zuge von Verhandlungen mit den USA Dutzende Gefangene begnadigt. Washington hebt dafür offenbar einige Sanktionen gegen die staatliche Airline Belavia auf.
Meine Lieblingsgeschichte heute: Klarheit im Autodesign
Autodesign auf der IAA
Foto: SkodaGrundsätzlich halte ich Autos für Nutzobjekte und die Frage nach der Schönheit von Pkw für überschätzt, im Widerspruch dazu staune ich trotzdem immer wieder über die Scheußlichkeit vieler Fahrzeuge, die auf Deutschlands Straßen zu sehen sind. Deshalb freue ich mich über den Bericht meines Kollegen Jürgen Pander, der klare Formen als Designtrend der Münchner Automesse ausgemacht hat. »Die einfachen Linien sollen verlorenes Vertrauen zurückbringen und könnten auch ökonomisch vorteilhaft sein«, schreibt er. Wirklich neu sei die nun propagierte Geradlinigkeit nicht, so mein Kollege. »Vielmehr ist sie wohl aus der Not geboren, denn die hiesigen Autokonzerne produzierten jahrelang ein wildes Durcheinander von Formen, Proportionen und Linien, je nachdem, ob der Wagen als Verbrenner oder Elektromodell verkauft wurde. Es sah so aus, als schlage sich die trotzig gepredigte Technologieoffenheit auch in der Karosseriegestaltung nieder – in einem bizarren Mix aus Mutlosigkeit und Übertreibung.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Die neue Linientreue auf der IAA
Was heute weniger wichtig ist
Daniel Day-Lewis
Foto: Variety / Getty ImagesSag niemals nie: Daniel Day-Lewis, 68, Schauspieler, bereut rückblickend seine im Jahr 2017 verkündete Behauptung, er werde seine Karriere beenden. »Wenn ich jetzt zurückblicke, hätte ich besser einfach meinen Mund gehalten«, sagte Day-Lewis, der demnächst im gemeinsam mit seinem Sohn Ronan Day-Lewis entwickelten Drama »Anemone« zu sehen sein wird, in einem Interview. Seine Ankündigung von damals bezeichnete er jetzt als »großspuriges Geschwätz«.
Mini-Hohlspiegel
Aus dem Norderstedter Lokalteil des »Hamburger Abendblatts«
Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel.
Cartoon des Tages
Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.
Chappatte
Und heute Abend?
Darstellerin Qualley in »Honey Don’t«
Foto:Karen Kuehn / AP
Könnten Sie sich im Kino amüsieren und sich den Film »Honey Don’t« mit Margaret Qualley in der Hauptrolle ansehen. Sie spielt in dem Film von Ethan Coen eine lesbische Privatdetektivin und eine Art Superheldin, die es unter anderem mit einem diabolischen christlichen Sektenführer aufnimmt, der von Chris Evans gespielt wird. Der Film ist brutal und ein wenig verrückt und unter Kritikerinnen und Kritikern außergewöhnlich umstritten, auch weil er weder das Genre des Gangsterfilms noch sich selbst ganz ernst zu nehmen scheint. Ich finde Margaret Qualley grundsätzlich toll und halte den Film für ein schönes, comicbuntes Vergnügen .
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort