Umstrittene Geldanlage EU-Gericht erlaubt Klimasiegel für Atomkraft und Erdgas
Protestaktion gegen die Taxonomie in Frankfurt (2022)
Foto: Arne Dedert / dpaDie EU-Kommission darf Atomkraft und Gas laut einem Urteil des Gerichts der Europäischen Union weiterhin als klimafreundliche Geldanlage einstufen. Eine Klage Österreichs gegen die sogenannte Taxonomie wiesen die Richterinnen und Richter in Luxemburg ab, wie das Gericht mitteilte. Gegen das Urteil kann die österreichische Regierung noch vor der nächsthöheren Instanz vorgehen, dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Die Taxonomie ist eine Art Gütesiegel für nachhaltige Finanzprodukte. Das Klassifizierungssystem soll Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger bei nachhaltigen Geldanlagen unterstützen. Österreich kritisiert, dass dabei Kernenergie und fossiles Gas als wesentlicher Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel eingestuft werden. Wien warf Brüssel «Greenwashing» vor, also dass etwas als klimafreundlich gekennzeichnet wird, obwohl es das gar nicht ist. Rückenwind bekommt Österreich von Umweltorganisationen, die ebenfalls gegen die Einordnung klagten.
Das EU-Gericht hatte nichts an der Einschätzung der EU-Kommission zu Kernenergie und Gas auszusetzen. Die Wirtschaftstätigkeiten gelten damit grundsätzlich als nachhaltig im Sinne der Taxonomie-Verordnung der EU.
Auch sogenannte Übergangswirtschaftstätigkeiten – für die es keine technisch und wirtschaftlich sinnvollen CO₂-armen Alternativen gibt – können nach dieser EU-Verordnung nachhaltig sein. Investitionen in Gas- oder Atomkraftwerke etwa gelten unter anderem dann als klimafreundlich, wenn diese die aktuell emissionsärmsten Technologien nutzen.
Gericht sieht Mangel an alternativen Technologien
Die Luxemburger Richterinnen und Richter führten an, dass die Erzeugung von Atomenergie nahezu keine Treibhausgasemissionen verursache und dass derzeit keine ausreichenden alternativen Technologien zur Verfügung stehen, um den Energiebedarf stetig und zuverlässig zu decken.
Auch Gas könne einen Klimaschutzbeitrag leisten, stellte das Gericht fest. Hintergrund ist, dass Gaskraftwerke die noch klimaschädlicheren Kohlekraftwerke ersetzen können. Das EU-Klimasiegel sei Teil eines «schrittweisen Vorgehens, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen in Etappen zu verringern und zugleich die Versorgungssicherheit zu ermöglichen», betonten die Richterinnen und Richter.